Vogelzucht zu DDR-Zeiten: Ein Hobby zwischen Leidenschaft und Herausforderungen
In der DDR war die Vogelzucht ein weit verbreitetes Hobby, das vielen Menschen nicht nur Freude bereitete, sondern auch ein Stück Freiheit vermittelte. Das Halten und Züchten exotischer Vögel wie Wellensittichen, Kanarienvögeln oder Zebrafinken war eine Möglichkeit, dem oft grauen Alltag zu entfliehen. Die Tiere brachten Farbe ins Leben und wurden zu treuen Begleitern.
Warum war die Vogelzucht in der DDR so beliebt?
Tausende Menschen widmeten ihre Freizeit der Pflege und Zucht von Vögeln. Diese Leidenschaft war nicht nur eine Freizeitbeschäftigung, sondern oft auch ein wichtiger Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens.
- Naturverbundenheit: Die DDR förderte die Verbindung zur Natur. Die Vogelzucht bot eine Möglichkeit, die Natur in die eigenen vier Wände zu holen.
- Gemeinschaft: Vogelzuchtvereine boten ein Forum für den Austausch und die gegenseitige Unterstützung.
- Erfolge: Die Züchter waren stolz auf ihre Erfolge und nahmen an Ausstellungen teil, um ihre besten Tiere zu präsentieren.
Herausforderungen in der Vogelzucht
Die Bedingungen für die Vogelhaltung und -zucht waren jedoch durch die politischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten stark eingeschränkt:
- Versorgung mit Futter und Zubehör: Exotisches Futter oder spezielles Zubehör wie große Käfige waren Mangelware. Viele Züchter griffen auf improvisierte Lösungen zurück, z. B. selbstgebaute Volieren oder Eigenmischungen für Futter.
- Genehmigungen und Regularien: Für die Haltung und Zucht bestimmter Vögel waren Genehmigungen notwendig. Der bürokratische Aufwand konnte erheblich sein.
- Mangel an Austauschmöglichkeiten: Der Austausch mit internationalen Züchtern war durch die isolierte Lage der DDR eingeschränkt, sodass Zuchtlinien oft innerhalb der Grenzen bleiben mussten.
Aufgrund begrenzter Ressourcen und staatlicher Regulierungen war es für Züchter oft schwierig, an exotische Vögel und das notwendige Zubehör zu gelangen. Um diese Hürden zu überwinden, war die Mitgliedschaft in Vogelvereinen nahezu unerlässlich. Diese Vereine ermöglichten den Zugang zu Futter und boten eine Plattform für den Austausch von Wissen und Erfahrungen.
Vogelverein war Pflicht vor der Deutschen Einheit
Ein bedeutender Verband in der DDR war die „Vereinigung für Zucht und Erhaltung einheimischer und fremdländischer Vögel“ (VZE). Gegründet 1952 als Spezialzuchtgemeinschaft Ziergeflügel und Exoten, entwickelte sich die VZE bis Ende der 1980er Jahre zu einer Gemeinschaft mit nahezu 15.000 Mitgliedern. Die Organisation förderte die Arterhaltung durch Zucht, unterstützte den Natur- und Umweltschutz und organisierte regelmäßig Ausstellungen und Meisterschaften.
In den Vogelvereinen der DDR spielte die Zuteilung von Futtermitteln eine zentrale Rolle. Zu Beginn eines jeden Jahres wurde das verfügbare Futter auf die Mitglieder des Vereins und deren Vogelbestände verteilt. Die Berechnung erfolgte anteilig: Hatte der Verein beispielsweise eine bestimmte Menge Hirse zur Verfügung und eine festgelegte Anzahl an Mitgliedern mit ihren Vögeln, wurde diese Menge durch den Futterwart aufgeteilt. Besaß man etwa 10 Paare Wellensittiche, konnte es sein, dass man nur 2 Kilogramm Hirse für das gesamte Jahr zugeteilt bekam – eine Menge, die oft kaum ausreichte, um die Vögel optimal zu versorgen.
Neben der Mitgliedschaft in einem Vogelverein war es für Vogelzüchter in der DDR Pflicht, auch dem VKSK (Verband der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter) anzugehören. Nur mit dieser Mitgliedschaft war es möglich, das zugeteilte Futter bei der BHG (Bäuerliche Handelsgenossenschaft) abzuholen. Für die Vogelvereine war diese Struktur ein Glücksfall, da sie den Zugang zu wichtigen Ressourcen sicherstellte.
Mit der Wende änderte sich die Situation jedoch grundlegend und brachte viele Vereine in eine existenzielle Krise. Viele Mitglieder verloren ihre Arbeit, mussten sich umorientieren oder in andere Bundesländer ziehen. Gleichzeitig geriet die Nachwuchsförderung ins Stocken, da der gesellschaftliche Wandel die Bedeutung und Attraktivität der Vereinsarbeit nachhaltig beeinflusste.
Ein praktisches Beispiel für die Vogelzucht in der DDR ist die Wellensittich-Zucht in Hoppenrade, Brandenburg. Fotos aus dem Jahr 1965 zeigen die damaligen Zuchtbedingungen und verdeutlichen die Popularität dieser Vogelart.
Welche Vogelarten waren beliebt?
Besonders beliebt waren:
- Kanarienvögel: In vielen Varietäten gezüchtet, waren sie die Klassiker unter den Ziervögeln.
- Wellensittiche: Aufgrund ihrer lebhaften Farben und ihres geselligen Wesens waren sie bei Jung und Alt beliebt.
- Prachtfinken: Diese farbenprächtigen Vögel faszinierten durch ihre Vielfalt.
Die besondere Rolle der Wellensittiche
Wellensittiche waren in der DDR besonders beliebt, da sie vergleichsweise pflegeleicht waren und mit den vorhandenen Mitteln gut gehalten werden konnten. Ihre fröhliche Art und ihr buntes Gefieder faszinierten viele Tierliebhaber. Einige Züchter spezialisierten sich sogar auf bestimmte Farbschläge, die sie durch geschickte Auswahl und gezielte Paarung entwickelten.
Besonderheiten der Vogelzucht in der DDR
- Zuchtbücher: In der DDR wurden Zuchtbücher geführt, um die Reinheit der Rassen zu sichern.
- Vogelmärkte: Regelmäßig fanden Vogelmärkte statt, auf denen Züchter ihre Tiere kaufen und verkaufen konnten.
- Jugendliche: Auch Jugendliche waren in der Vogelzucht aktiv und wurden in Jugendclubs gefördert.
Vogelhalter zu DDR-Zeiten
Zu DDR-Zeiten hatten Vogelhalter die Möglichkeit, in Zoohandlungen sowohl Tiere als auch Futter zu erwerben. Das Futterangebot beschränkte sich dabei meist auf einfache Grundmischungen. Auch Käfige und Käfigzubehör waren in den Zoogeschäften erhältlich – zu Preisen, die im Vergleich zu heute als äußerst günstig galten. Vogelsand beispielsweise wurde oft in kleinen 1-kg-Tüten für 0,80 DDR-Mark angeboten, die in Drogerien erhältlich waren.
Ein herzlicher Dank geht an den Verein für Vogelschutz Rostock Süd 1964 e.V., der durch seine wertvollen Informationen und Einblicke maßgeblich zur Entstehung dieses Artikels beigetragen hat.
Hast du selbst Erfahrungen mit der Vogelzucht in der DDR gemacht? Dann teile uns gern mit, wie du die Vogelhaltung und -zucht vor der Deutschen Einheit erlebt hast. Deine Geschichten und Erinnerungen sind eine wichtige Bereicherung, um das Bild dieser besonderen Zeit lebendig zu halten.
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